MARMELADENGLAS-MOMENTE
Meine Erlebnisse im dritten Block der Fortbildung „Narrative Organisationsberatung“
Es gab viele Momente in diesen letzten vier Tagen, die ich am liebsten in ein Marmeladenglas füllen würde, um sie jederzeit wieder hervorholen zu können. Schon beim Ankommen lag eine Mischung aus Vorfreude und Wehmut in der Luft. Wir wussten, dass dies der letzte Block war, und gleichzeitig lag Neugierde darin.
Geschichten aus der Praxis
Denn jede und jeder von uns hatte in der Zwischenzeit eine eigene Fallarbeit durchgeführt, die nun präsentiert wurde. Und so wurde der Raum bald erfüllt von Geschichten und narrativer Methoden. Es war faszinierend zu sehen, wie vielfältig die jeweiligen Kontexte waren: internationale Teams, Kinder und Jugendliche, Führungskräfte, größere Organisationen und kleine Gruppen. Ebenso vielfältig waren die Methoden. Manche nutzten narrative Interviews, um Vergangenheit und Gegenwart zu verstehen, andere führten sie in die Zukunft und ließen Mitarbeitende erzählen, wie ihr Unternehmen in zehn Jahren sein könnte. Manche Fallarbeiten waren besonders kreativ, andere berührend, aber alle hatten etwas Eigenes. Besonders in den Feedbackrunden spürte ich, wie wertvoll es war, einander nicht nur Ratschläge zu geben, sondern gemeinsam weiterzudenken.
Vom Erleben zum Erzählen
Neben Storylistening und Storytelling haben wir in diesem Block auch einen weiteren und wichtigen Schritt kennengelernt: Storydoing. Dabei geht es darum, neue Erlebnisse zu schaffen, die selbst wieder Geschichten hervorbringen und die Kraft haben, ein neues Mindset anzuregen. Spannend war die Erkenntnis, dass es dafür nicht die großen Events braucht. Oft sind es die kleinen, alltäglichen Interventionen, die einen Unterschied machen: ein Tisch im Flur, der zum Austausch einlädt, ein neues Ritual das Begegnungen schafft, eine kleine Veränderung, die zum Erzählen anregt. Diese Perspektive hat mir deutlich gemacht, wie stark Narrative nicht nur durch Worte, sondern auch durch Erlebnisse entstehen. Vor allem aber, dass narrative Organisationsberatung kein starres Handwerkszeug ist, sondern ein lebendiger Prozess.
Dramaturgien des Wandels
Ein weiterer Höhepunkt war der Gastvortrag von Jaques Chlopczyk, der uns in die Dramaturgien des Wandels einführte. Wobei Vortrag das falsche Wort dafür wäre. Denn es war viel mehr ein gemeinsames Erleben. Wir haben neue Modelle und Methoden kennengelernt und angewandt, konkrete Transformationsprozesse von Organisationen durchgespielt und über verschiedene Treiber von Veränderung diskutiert. Mir wurde dabei besonders deutlich, wie sehr Transformationsprozesse davon abhängen, wie Wandel und Veränderung begriffen wird und wie stark Dramaturgie diesen Verlauf beeinflussen kann.
Abschluss und Anfang zugleich
Der letzte Tag stand ganz im Zeichen unseres eigenen „Meisterstücks“. In kleinen Gruppen entwickelten wir eigene narrative Check-Out-Methoden, mit denen man beispielsweise Beratungsprozesse abrunden kann. Es war eine Freude zu sehen, wie viele unterschiedliche und kreative Ideen dabei entstanden, von kreativen Ansätzen bis hin zu tiefgründigeren. In gewisser Weise spiegelten diese Methoden wider, was wir in den vergangenen Monaten gelernt hatten: Räume zu gestalten, in denen Menschen mit ihren Geschichten gehört werden und etwas Neues entstehen darf. Und dann kam der offizielle Abschluss. Wir erhielten unsere Zertifikate, wir applaudierten einander, haben uns umarmt und gelacht.
Was bleibt? Wenn ich auf die gesamte Weiterbildung zurückblicke, dann sehe ich nicht nur Methoden und Modelle, sondern auch eine Gruppe von Menschen, die miteinander gewachsen ist. Christine und Michael haben uns nicht nur vieles gelehrt, sondern auch einen Raum geschaffen, indem wir ausprobieren und aneinanderwachsen konnten.
Narrative Organisationsberatung ist mehr als ein Werkzeugkasten voller narrativer Techniken. Es ist eine Haltung. Sie bedeutet eben diesen Raum zu geben, zuhören, Geschichten ernst nehmen, sie respektvoll zurückspiegeln und gemeinsam neue Möglichkeiten und Zukünfte zu erzählen.
Der dritte Block war für uns ein Abschluss und vielleicht auch der Anfang von etwas Neuem. Etwas, dass wir alle in unsere eigene Arbeit weitertragen werden. Wir haben uns vorgenommen, in Kontakt zu bleiben. Und wer weiß, vielleicht gibt es irgendwann ein Wiedersehen, bei dem es viel zu erzählen und zuzuhören gibt.
Und so bleibt am Ende kein einziger großer Marmeladenglas-moment, sondern viele kleine, die zusammengenommen ein riesiges Glas füllen.
