Nachberichterstattung zur Tagung Stories of a thousand Places

Am 18. Mai 2018 fand in der Hochschule der Medien die Tagung „Stories of a thousand Places – Geschichten von tausend Orten“ statt. Die vom Institut für Angewandte Narrationsforschung (IANA) organisierte Tagung gab unterschiedlichsten Storytellern die Möglichkeit, zu Wort zu kommen und von ihren Erfahrungen mit dem Orte verbindenden Erzählen zu berichten.

Tell your Stories

Der international bekannte Regisseur und Schirmherr des IANA Roger Spottiswoode.

Der erste Referent der Tagung war der Regisseur und Schirmherr des IANA, Roger Spottiswoode. In seinem Vortrag „Stories of guilt and forgiveness from all over the world“ berichtete er von vergangenen Filmprojekten, die ihn durch die ganze Welt geführt und durch ihre ernste Thematik sehr geprägt haben. Spottiswoode ist es dabei wichtig, eine Thematik nicht voreingenommen zu schildern, um seinen Zuschauern die Möglichkeit geben zu können, sich ihre eigene Meinung zu bilden. Der 73jährige Regisseur sprach dabei von Filmen wie „And the band played on“, der die Geschichte der Krankheit AIDS dokumentarisch nacherzählt, oder „Hiroshima“, der den Abwurf der Atombombe im 2. Weltkrieg thematisiert. Obwohl diese Filme nicht zu seinen finanziell erfolgreichsten gehören, bereut er es keinesfalls, sie gemacht zu haben, denn die Erfahrungen und Eindrücke, die er bekommen hat, sind für ihn sehr faszinierend und werden ihm immer bleiben. Aber nicht nur die Vergangenheit, auch die Gegenwart thematisierte Spottiswood in seinem Vortrag: So sprach er darüber, dass der Präsident der USA das Land mit seiner Politik gegen Immigration in eine rückschrittliche Richtung führen würde. Europa solle sich hiervon nicht beeinflussen lassen, sondern den Weg der Gemeinschaft und des Zusammenhalts fortsetzten. Spottiswoode endete mit einem Appell an das Publikum: „Tell your Stories!“ Dafür müsse man nicht nach Hollywood gehen, sondern könne dort passieren, wo die Geschichten geschehen: Hier vor Ort in Europa.

Die Geschichte muss zu einem kommen

Thomas Willmann, Autor und Kulturjournalist, erläuterte die Arbeit zu seinem Roman „Das finstere Tal“.

Der zweite Referent der Tagung war Thomas Willmann. Der Autor und Kulturjournalist gab einen Auszug aus seinem Buch „Das finstere Tal“ zum Besten und sprach im anschließenden Gespräch mit Prof. Dr. Michael Müller detailliert über den „Alpenwestern“. Das Besondere daran: Die Genrekombination des Western und des Heimatfilmes. Diese auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen Genres haben doch einige Gemeinsamkeiten. So gehen sie ähnlich mit dem Thema Landschaft um oder spielen auch des öfteren an Grenzorten. Willmanns Roman ist auch unter dem gleichem Titel verfilmt worden. Diese Verfilmung erzählt den Plot allerdings auf eine andere Art als das Buch, was daran liegt, dass der Autor an der Erstellung des Drehbuchs nicht beteiligt war. Die Entscheidung, jemand anderen seine Geschichte nochmals neu erzählen zu lassen erforderte laut Willmann zwar Mut, sie hat sich, wie er findet, letztendlich aber gelohnt. Aktuell schreibt Willmann an seinem zweiten Roman. Dieser würde etwas komplett anderes werden. Mehr wollte der Autor aber nicht verraten. Nur so viel: Die Geschichte muss zu einem kommen. Dann entwickelt sich auch der Plot wie von allein.

 

Der Storydealer

Der Soziologe und Storydealer Hans Geißlinger während seines Vortrages.

Nach der Mittagspause ging es mit Hans Geißlinger, Geschäftsführer der Story Dealer A.G. Berlin/Heidelberg, weiter. Die Story Dealer inszenieren Wirklichkeit, verstehen sie als Produkt und stellen damit her, was andere als Gegebenheit begreifen: Realität. Um dieses Konzept dem Publikum verständlicher zu machen erzählte Geißler ein greifbares Beispiel: Eine Gruppe Schüler fährt in ihren Ferien in ein Freizeitlager, doch da die Räume scheinbar doppelt vermietet wurden, droht die Freizeit auszufallen. Die Schüler schaffen es allerdings aus eigenem Antrieb den anderen Mieter, einen „amerikanischen Regisseur“, so zu beeinflussen, dass sie bei seinem Film mitwirken dürfen. Das Drehbuch ist perfekt für diese Situation, da es sich um die Geschichte zweier Kinder aus dem Jahre 1870 handelt. In den folgenden Tagen an denen die Kinder an dem Filmset arbeiten, kommen immer mehr Gemeinsamkeiten zwischen den Kindern aus dem Ferienlager und von 1870 ans Licht. Und so verstricken sich die Kinder immer weiter in die Geschichte und wissen bald schon nicht mehr, ob das, was sie dabei erleben, nur eine Geschichte oder die Wirklichkeit ist. Nach diesem Konzept, einem Rahmen, der zunächst hergestellt, konstruiert wird und auf Inszenierung beruht, lassen die Story Dealer Wirklichkeit hervortreten.

Moviefication

Sophie Burger, Mitentwicklerin der Storytelling-App „Moviefy“.

Als letzte Referentin der Tagung berichtete Sophie Burger von der App Moviefy. Diese App schafft eine ganz neue Art des Erzählens, indem Geschichten im Stadtraum z.B. bei einem Spaziergang aus ungewöhnlichen Perspektiven erlebbar macht. Moviefy macht den Nutzer dabei zur Hauptfigur der Erzählung und nimmt direkten Bezug auf die Umgebung. Dabei ähnelt die Erzählweise der eines Filmes: spielerisch werden neue Universen mit eigenen Regeln, Figuren und Stimmungen erzeugt. Deshalb heißt das Prinzip hinter Moviefy auch „Moviefication“ oder „Verfilmlichung“ bzw. „Filmifizierung“. Seit April 2018 nimmt Sophie Burger mit der App auch am Sandbox Accelerator der Hochschule der Medien teil. Wer neugierig geworden ist erhält weitere Information zur App unter www.moviefication.de oder kann am 05. Juli die Media Night an der Hochschule der Medien besuchen. Dort wird die App ebenfalls vorgestellt.

 

 

Die Preisverleihung

Die vier Gewinner/innen des Studierenden-Wettbewerbs EUROPE STORIES (v. l.): Rahel Stürner, Svenja Steinbrecher, Lucas Rudolf, Alexandra Schenk.

Der letzte Programmpunkt der Tagung betraf die Preisverleihung des Studierenden-Wettbewerbs „EUROPE STORIES: Deine Geschichte für  Europe“. Im Wintersemester 2017/2018 waren Studierende dazu aufgefordert worden, positive Geschichten über ihre Erfahrungen und Erlebnisse mit Europa und der EU zu erzählen. Zum Einstieg griff Stefanie Woite-Wehle, Leiterin des Europe Direct Informationszentrum Stuttgart, die Thematik Europa nochmals auf, sprach über die Geschichte Europas und die Wichtigkeit positiver Erfahrungen. Insgesamt wurden vier Gewinnerinnen und Gewinner für ihre Beiträge ausgezeichnet: Rahel Stürner (Studiengang Unternehmenskommunikation) und Alexandra Schenk (Studiengang Bibliotheks- und Informationsmanagement), beide von der Hochschule der Medien in Stuttgart, wurden jeweils in der Kategorie Text geehrt. In der Kategorie Video wurde Svenja Steinbrecher (Studiengang Erziehungswissenschaft) von der Johannes Gutenberg Universität Mainz und in der Kategorie Podcast Lucas Rudolf (Studiengang Kultur Media Technologie) von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Karlsruhe ausgezeichnet. Durch die Vorstellung der kreativen Beiträge konnte sich das Publikum direkt einen Eindruck der Arbeiten machen.

Wer nun Lust hat, mehr zum Thema Storytelling und Erzählen zu hören oder zu erleben, der kann sich schon jetzt auf den Winter freuen. Das vom IANA organisierte 3. Storytelling-Camp wird zur Filmschau 2018 am 07. Dezember stattfinden. Über das Programm und den Ort informieren wir Sie zeitnah.

Daniela Lausch

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